Über unsere Orgel

aus der Zeitschrift für Instrumentenbau

Die Zeitschrift für Instrumentenbau wurde von Paul de Wit 1880 in Leipzig begründet und erschien bis 1943 in dessen Verlag. Sie diente als Fachorgan den Herstellern und dem Instrumentenhandel, war aber in ebensolchem Maße Publikationsmedium für die instrumentenkundliche und instrumententechnische Forschung. In der Zeitschrift für Instrumentenbau wurden während der Frühzeit der industriellen Fertigung von Musikinstrumenten neben allen wichtigen Neuerungen und Erfindungen auch solche aus früheren Jahren und Jahrhunderten publiziert. Neben reinen Textbeiträgen finden sich viele Tabellen, Abbildungen und technische Zeichnungen, zudem zahlreiche Annoncen von Herstellern und Zulieferfirmen.

 

 

Aus der Zeitschrift Band 53 (1932-33), S. 258:

Die neue Orgel der Meidlinger Pfarrkirche in Wien. Die ziemlich große Hauptkirche des Wiener

Gemeindebezirks Meidling hatte bis zum heurigen Frühjahr eine ältere Orgel besessen, in der sich zwar einige

ganz schöne Stimmen befanden, die aber doch größeren künstlerischen Ansprüchen nicht recht genügte.

Schon lange war es daher der Wunsch des Chordirektors Professor J. Leo Weber, ihre Ersetzung durch ein

schönes neues Werk von 40 Stimmen auf 3 Manualen und Pedal, das von der bekannten Wiener

Orgelbauanstalt J.M. Kauffmann erbaut wurde. Die Disposition der Orgel ist folgende:

 

I.    Manual C-g³, 11 Stimmen:

 Bordun 16‘                           Spitzflöte 4‘

 Prinzipal 8‘                           Oktave 2‘

 Gedackt 8‘                           Kornett 3fach 2 2/3

 Gemshorn 8‘                         Mixtur 4fach 2‘

 Salizional 8‘                          Trompete 8‘

 Oktave 4‘

 

 

 

II.   Manual C-g³, 9 Stimmen:

Geigenprinzipal 8‘                Rohrflöte 4‘

Lieblichgedackt 8‘                Blockflöte 2‘

       Quintaden 8‘                        Mixtur 3fach 2 2/3

       Dolce 8‘                                Schalmei 8‘

       Prästant 4‘

 

 

 III. Manual C-g³ (Schwellwerk), 10 Stimmen:

Fernprinzipal 8‘                    Gedacktflöte 4‘

Zartgedackt 8‘                     Offenflöte 4‘

Äoline 8‘                               Sesquialtera 2 2/3

Vox coelestis 8‘                   Zimbel 2fach 2‘, 1‘

Fugara 4‘                             Regal 8‘

 

 

 

     Pedal C-f1, 10 Stimmen:

Prinzipal 16‘                         Prinzipal 8‘

Violon 16‘                             Gedackt 8‘

Subbaß 16‘                          Oktave 4‘

Quint 10 2/3                         Kornett 5 1/3

Oktavbaß 8‘                         Posaune 16‘

 

 

 

Normalkoppeln: O. II/I, U. II/I, O. III/I, U. UUU/I, O. II/II, O. III/III

 

Druckknöpfe: pp, p, mf, f, ff, pl, Rohrwerk ein, Handregister ein, Crescendo ein, automatische Pedalumschaltung, 2 freie Kombinationen, alles mit den entsprechenden Auslösern.

 

Tritte: Rollschweller, Schwelltritt III. Manual, Tremolo III. Manual.

 

Die Disposition muß als künstlerisch richtig bezeichnet werden, jedes Klavier enthält außer den erforderlichen nicht zu reichlich vertretenen Grundstimmen die entsprechenden Aliqot- und gemischten Stimmen sowie eine Zungenstimme. Es hat daher jedes Klavier ein volles Plenum. Wenn man einen weiteren Wunsch hätte, so wäre es der, daß wenigstens in den oberen Manualen eine selbstständig spielbare Quint vorhanden wäre. Für das Plenum ist die allerdings nicht erforderlich. Die Gesamtwirkung  jedes Klaviers sowohl als des ganzen Werkes ist auch sehr gut und glänzend, einzig das II. Manual leidet ein wenig darunter, daß seine Mixtur aus der alten Orgel herübergenommen wurde und daher nicht so schön ist wie die anderen neugebauten gemischten Stimmen. Es soll übrigens bald diese Mixtur durch eine neue ersetzt werden. Das Gesamtplenum der Orgel ist sehr glänzend und klar, worin sie sich wohltuend von den Werken der Hochromantik unterscheidet. Die Intonation der einzelnen Stimmen ist durchwegs künstlerisch, hervorzuheben wäre nur, daß hier einmal die Trompete so gebaut wurde, daß sie zwar mächtig, aber dünner und heller klingtt als man sie sonst meist antrifft, was gleichfalls dem Gesamtklang der Orgel nur genützt hat. Die Spielhilfen sind auf wirklich erforderliche Maß beschränkt, Kollektive sind ohnedies noch genug vorhanden. Wenn man daher die Beurteilung der in einige Worte zusammenfassen will, so muß man sagen, dass sie ein mächtiges, klangschönes und auch klangreiches Werk von richtigem Klangaufbau und durchaus guter Klangwirkung ist und daher die stilgerechte Wiedergabe alle wertvollen Orgelmusik ermöglicht. Die Funktion des rein elektrischen Spieltisches und der elektropneumatischen Traktur ist tadellos, die Orgel ist daher auch vom technischen Standpunkt als ein einwandfrei zu bezeichnen. Die Firma J.M. Kauffmann hat in den letzten Jahren zweifellos einen künstlerischen Aufschwung zu verzeichnen, der sich auch bei kleineren Werken feststellen läßt. […].

 

 

 Quelle: Zeitschrift für Instrumentenbau, Bd.: 53, Leipzig, 1932-33, S 258.